Text von
Jean-Chrístophe
Ammann, Kunsthalle Base, 1985 Dann erfolgt - aus der Distanz gesehen - ein Bruch, der erst viel später wieder in Zeichnungen und Aquareliskizzen 'versöhnt' wird, wenn sie Gegenstände sowohl auf ihre Ausdruckskraft als auch auf ihre 'Ordnung' hin ins Blickfeld rückt. In den frühen sechziger Jahren, als sie schon weit über dreissig ist, beginnt Agat Schaltenbrand in kleinformatigen Malereien den Grundstock für ihr späteres Schaffen zu legen. Weder abstrahiert sie nun, noch setzt sie gegenständliche Vorstellungen um. lhr Anliegen ist einzig und allein die Malerei: die aus und mit den malerischen Mitteln bewirkte Gliederung von Fläche und Raum durch Farbe und Form, Rhythmus und Klang. Die Form ergibt insofern ein Problem, als die Farbe, von ihr ausgehend, in sie mündet. Als folge sie einer Eingebung, wählt sie mehrheitlich die Grundformen Dreieck, Kreis und Viereck als Ausgangssituation, was dann auch immer mit diesen Formen im Laufe des malerischen Prozesses geschehen mag. Der Weg, den Agat Schaltenbrand in den vergangenen 25
Jahren beschritten Für Agat Schaltenbrand hat Malerei mit Ausweitung zu tun.
Was für andere der Reichtum eines Oeuvres darstellt, die Vielgestaltigkeit und grosse
Zahl der Werke unter Verwendung verschiedenster Medien, findet sich bei Agat Schaltenbrand
nur in einer beschränkten Gruppe von Bildern, die eine Ausweitung sowohl im Format als
auch in der malerischen Aussage aufweisen. Format wie Aussage stehen in einem
proportionalen Verhäitnis zueinander. Der Weg zu immer grösseren Formaten wird bestimmt
durch die Eigengesetzlichkeit der Malerei, die in der Vergegenständlichung ihrer Aussage
(als Malerei) den Schritt vom 'Bild' zur 'Welt' fordert. Wer die Künstierin kennt, weiss,
dass der Schritt zum grossen Format weder ihrer Statur noch ihrer Natur entspricht. Es ist
ein Format, das ihr die Malerei ganz einfach auferlegt. Je stärker die Malerei als solche
zum Tragen kommt, desto stärker verlangt sie nach Ausweitung, die sich zugleich in die
Tiefe verlagert. lm malerischen Prozess allerdings verlaufen die beiden Bestrebungen nicht
synchron. Agat Schaltenbrand arbeitet während Monaten und Jahren an einem Bild, nicht
kontinuierlich: Wenn sie nach längerer Zeit wieder einmal ein Bild aus dem engen schmalen
Gestell herauszieht, wird ihr piötzlich klar, was jenem fehlt. Dass es ihr gelingt, oft
weit zurückliegende Bilder entsprechend der Ausgangssituation zu klären, und zwar im
Sinn einer qualitativen Vergegenwärtigung der malerischen Aussage, hängt deutlich damit
zusammen, dass das noch viel weiter zurückliegende Farb- und Formdispositiv als
verinnerlichte Instanz ständig nach malerischer Verselbständigung drängt. Dennoch wäre
die Behauptung abwegig, hier sei Malerei lediglich Mittel zum Zweek. Die symphonische
Ausweitung der 'Partituren', die Agat Schaltenbrand bis ins lnnerste kennt, beinhalten
ernpfindungsmässig völlig verschiedene Richtungen. Das erklärt die Verschiedenheit der
Bilder, die von der Intonation, vom Rhythmus und vom Klangvolumen her stets von neuem den
Resonanzraum der Malerei erforschen.
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